5 Filme aus dem Style-Universum

Das hat Stil – stets eine merkwürdige Formulierung, die bei näherer Betrachtung alles hat, nur keinen Stil, es sei denn, man redet von einem Durchwischgerät oder einem zäh dahinschmelzenden Eis. Sollte man sie daher auf Filme anwenden? Vermutlich nicht.

Von Sebastian Binder

1. Pulp Fiction

Nein, nicht der Bibelvers, Yolanda, die cool sein muss, oder Männer mit Bällen im Mund – sondern Uma ‚Mia Wallace‘ Thurman, die ein Rechteck in die Abendluft zeichnet um John ‚Vincent Vega‘ Travolta zu sagen, dass er… nun ja, kein Rechteck sein soll. Was zur Hölle soll dieses Rechteck bedeuten? Kaum ein Film ist derart vollgestopft mit ikonischen Momenten, jede Szene ein Stilgemälde an sich, als hätte Quentin Tarantino alles, was damals, früher und später irgendwie im Untergrund angesagt war, zu einem einem ebenso irren wie wirren Drehbuch verdichtet, um daraus einen der besten Filme aller Zeiten zu machen. Kann wahrscheinlich sonst keiner machen, genau darum hat es Stil. Ok, und wegen der Musik natürlich auch, ganz klar auch die Musik.

2. Bube, Dame, König, Gras

Man konnte zur damaligen Zeit das Gefühl haben, dass Guy Ritchie eine Art kleiner Bruder von Quentin Tarantino ist. Keine Copycat, nur der kleine Bruder eben, der bewundernd zu seinem großen Bruder aufsieht und daher genau so cool und beliebt und gefeiert und gefürchtet sein möchte. Versucht haben das viele damals, geschafft haben es die wenigsten, eher keiner. Doch wenn einer nah dran war, dann Guy Ritchie mit seinem furiosen Debüt „Bube, Dame, König, Gras“. Von den verwendeten Stilelementen vielleicht etwas nervöser, weniger ausbalanciert als obige Fiction, doch irgendwie passt es zur atemlosen Story, die von einer Tragödie zur nächsten hetzt, mit soviel schwarzem Humor, dass man manchmal an der britischen Zurechnungsfähigkeit zweifeln mag. Ach so, und Jason Statham war damals, bevor er sich im Action-Einerlei eine goldene Nase verdient hat, noch ein ziemlich abgefahrener Darsteller.

3. Goodfellas

Ritchie und Tarantino? Schön und gut, aber jemand wie Martin Scorsese kann über derartige Greenhorns vermutlich nur lachen. Wenn jemand weiß, wie man echte Gangster in Szene setzt, sodass sogar das letzte Vorstadt-Stubenhockerkind sich mit dem New Yorker Mafioso identifizieren kann, dann ist es Scorsese. Nirgends gelingt ihm das besser als in Goodfellas, getragen zwar ebenso von überragenden Schauspielern, aber dieser Look, dieses leicht schmierige, in einer Zwischenwelt aus Geld, Geschmacklosigkeit und Drogen hängengebliebene, dieser Look verleiht dem Film etwas Kaputtes, das man eigentlich nur mit Stil bezeichnen kann.

4. From Dusk Till Dawn

Die erste Szene, ja, es ist die erste Szene, die diesen Film trägt. Dieser kurze Stop in einem Schnapsladen, der in einem Doppelmord mit Explosion endet – obwohl man an sich nur eine Straßenkarte kaufen wollte. Selbst heute wird einem beim Anschauen dieser Szene wieder einmal klar: George Clooney war nie cooler und wird es voraussichtlich nie wieder sein. Robert Rodriguez hat mit der ersten Hälfte von „From Dusk Till Dawn“ ein Referenzprodukt in Sachen „Warum uns Brutalität und Grausamkeit gefällt, wenn sie gefällig inszeniert ist“ geschaffen, was uns vielleicht mehr über uns selbst zu denken geben sollte als über den Film. Der kulminiert im Tanz von Selma Hayek zu Tito & Tarantulas meisterhaftem „After Dark“ und verflüchtigt sich dann in einen eher durchschnittlichen Vampirslasher-Film, den man sich zwar noch anschauen kann, allerdings nicht braucht, um eine neue Form von Stil zu definieren.

5. Sieben

Der Aufschrei „Wenn schon Fincher in dieser Aufzählung, dann ‚Fight Club‘!“ ist praktisch bis hierher zu hören, doch damit liegt ihr falsch. Denn ‚Fight Club‘ mag im heutigen Verständnis einen Tick kultiger als ‚Sieben‘ sein, der stilvollere Film ist aber definitiv letzterer. Vermutlich ist es niemandem gelungen, New York in dieses trostlose, menschenfeindliche Licht zu tauchen, obwohl es davor und danach nicht zu wenige Versuche in dieser Hinsicht gegeben hat. Die Story als ziemlich krank zu bezeichnen, wäre ziemlich untertrieben, denn einen psychopthatischeren Serienkiller als John Doe (dargestellt von einer Person, deren Name heute nicht mehr erwähnt wird) hat es in der Filmgeschichte nie gegeben. Zudem würde man denken, dass Brad Pitt und Morgan Freeman auf der Leinwand praktisch gar nicht harmonieren, doch David Fincher schaffte es irgendwie, dass die beiden zu einem der vielschichtigsten Ermittlerduos wurden, die ein zweistündiger Film je gesehen hat. Und der Schluss ist natürlich… der Schluss ist… vielleicht der Grund, warum man manchmal ein ungutes Gefühl hat, wenn das Paket vom Lieferdienst vor einem auf dem Küchentisch steht – selbst wenn man keine Todsünde begangen hat.